MADEMOISELLE CHARLOT, French Revival Poster
NEUER JOB 7/11
A Woman – Eine Maskerade, Chaplins neuer
Versuch mit einer Frauenrolle. Nach dem
eifersüchtigen Eheweib in A Busy Day bei Keystone
jetzt eine junge Frau, die gleich schamlos
mit dem Hausherrn zu flirten beginnt. Clippings
Fritz Hirzel, Chaplins Schatten.
Bericht einer Spurensicherung. Zürich 1982
Der erste Film, den Chaplin nach seinem Umzug ins ehemalige Majestic Studio drehte, war im Sommer 1915 A Woman,
eine Burleske, die sich wie eine der Parkgeschichten anliess,
schliesslich aber einen doppelten Boden erhielt.
Sonntags im Park. „Eine glückliche Familie“, sagt
einer der Titel, und im Bild sehen wir Vater, Mutter und Tochter,
die Alte allerdings auf der Parkbank schnarchend,
während ihr Gatte sich davonstiehlt, um einem jungen Mädchen
nachzustellen.
Charlie schaltet sich dazwischen, befördert den
Familienvater, dann einen Polizisten ins Teichwasser. Und auch
die Tochter, Edna Purviance, die ihn zu sich nach
Hause nimmt, lernt Charlie kennen. Die beiden sind voneinander
eingenommen, es kommt zu einer Liebesszene.
Und gleich sitzt Charlie in der Patsche: Wie kommt
er wieder aus dem Haus heraus, nachdem der Alte, noch sehr
erzürnt, mit einem Kumpanen zurückgekehrt ist?
Die Lösung ist, dass Charlie sich vermummt, in einer
Fluchtverwandlung sozusagen, die transvestitisch,
als Geschlechtertausch daherkommt und lustvoll unter fremden
Federn nach Bestätigung sucht, jede Geste ein Genuss.
In weissem Deux pièces, mit Hütchen und Pelzumhang
kommt er als junge Dame verkleidet, mit abgetrenntem
Schnauz hüftenschwingend die Treppe herunter, wo er unerkannt
mit dem Herrn des Hauses, den er eben noch in den
Parkteich gestossen hatte, geradezu schamlos zu flirten beginnt.
Natürlich fliegt zum Schluss die Maskerade
auf, und Charlie, einmal mehr, wird aus dem Haus geworfen.
in Los Angeles kam A Woman in Clune‘s Broadway
Theater heraus, auf der Kinoseite der Los Angeles Times mit
der Figur des Tramps und dem Standardslogan annonciert:
„Charles Chaplin in The Woman – His Latest and Best Comedy
in Two Acts.“ Im Beiprogramm lief ein Vierakter, Midnight
at Maxim‘s.
Fritz Hirzel, Notiz, 2011
Sime Silverman schreibt in Variety 1915: „Chaplin braucht
einen Scenarioschreiber, und wenn nicht er, so Essanay. Soviel
Geld kann der Mann nicht kosten, der Charles Chaplin
in seinem jetzigen Komödienstil so ausstatten kann, wie er
ausgestattet werden sollte. Ein Scenarioschreiber, der dazu fähig
wäre, könnte die Chaplin-Modetorheit um Monate verlängern.“
Modetorhelt? Das bleibt an Sime Silverman hängen.
Er wendet ein, Chaplin braucht einen Scenarioschreiber. Der
Einwand kommt larviert daher, Sime Silverman
empfiehlt sich. Der Mann von Variety wittert seine Chance.
Er sieht sich als Verlängerer der Modetorheit. Die
Kritik ist eine Initiativbewerbung.
Fritz Hirzel, Chaplins Schatten.
Bericht einer Spurensicherung. Zürich 1982
„Charlie Chaplin‘s Story As Narrated By Mr. Chaplin
Himself. To Photoplay Magazine‘s Special Representative
Harry C. Carr.“ Darin ist zu lesen: ,Er schreibt seinen
Erfolg im Film dem Training zu, das ihm unter den grossen
englischen Pantomimen früh zuteil wurde.‘“
„Chaplin hat 1914 in Los Angeles seinen Einjahresvertrag
bei Keystone erfüllt, dann hat er bei Essanay
unterschrieben. Die ersten Filme für den neuen Arbeitgeber
macht er in Chicago und Niles bei San Francisco,
aber er hat es eilig nach Los Angeles zurückzukehren.“
„Hier dreht Chaplin im ehemaligen Majestic Studio,
das sich im Bradbury Mansion befindet, 147 North Hill Street.“
A Woman Clippings
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