London 1975. 3, Pownell Terrace, Tripadvisor Pic & US-Paper 1939.
NULL BIOPIC 9/10
Tramp – Auf der Suche nach seiner Herkunft?
Es sieht so aus, als hätte Chaplin eine entfernte
Ähnlichkeit mit jenem Mann, der seinen
Schatten verkauft hat. Ist er ein Schlemihl also?
Fritz Hirzel, Chaplins Schatten. Bericht einer
Spurensicherung. Zürich 1982
In die Figur des kleinen Mannes, die innerhalb weniger
Jahre zum populärsten Mythos des Kinos geworden war, hatte
Chaplin die Erinnerungsbilder seiner Kindheit eingebracht,
verklärte Bruchstücke aus dem Leben in den Strassen,
Häuserzeilen und Hinterhöfen, in denen er in South London,
dem Stadtrevier südlich der Themse, aufgewachsen war.
London, die im Aufbruch und Wandel begriffene Metropole
eines Imperiums, war Ende des neunzehnten Jahrhunderts
zur am dichtesten bevölkerten, zur expansivsten Stadt der Welt geworden.
Stauwasser der Metropole
Noch 1895, als Chaplin gerade sechs Jahre alt war,
sagte ein Vikar der anglikanischen Kirche über South London:
„Tödlich abgestumpft; eine Art Stauwasser der
Metropole, der undurchdringlichste Teil des Dickichts, in den
die Leute kommen um sich zu verstecken.“
Für Chaplin, der inzwischen wieder bei seiner Mutter
wohnte, erst hinter Kennington Cross zwischen Schlachthof
und Hayward‘s Konservenfabrik über einem Coiffeurladen
an der Chester Street, später in Pownall Terrace 3, im oberen
Stock eines düsteren Reihenhauses, hatte die Besichtigung
des Dickichts begonnen.
Entlang der Kennington Road, um die herum er die
Häuserblocks und ihre Bewohner kennenlernte, gab es Leute,
die bei Doulton‘s Töpfereien, andere, die bei der
Eisenbahn Beschäftigung fanden. Manche waren Arbeiter,
manche Handwerker in geregelter Stellung.
Dazwischen gab es jene, die zu den ärmsten gehörten,
Hausierer, Hafenarbeiter, Stadtstreicher, ein Haufen verlorener
Existenzen.
Momentaufnahme der Kindheit
Es gab, wie gesagt, Bühnenprofessionals hier,
Inhaber gut geführter Läden, Leute der Arbeiterklasse,
aber auch Gelegenheitsarbeiter, Fuhrmänner,
solche, die ohne das Notwendigste zu leben hatten.
Unter den Vermietern der Häuser eines anderen, ebenfalls
an der Kennington Road gelegenen Blocks befanden
sich Handwerker, Angestellte, Vertreter, Beamte aus Eisenbahn
und Polizei, alle waren sie wohlsituiert, auch wenn
ihre Mieter erheblich schlechter lebten.
Manche der kleineren Häuser entlang der Strasse waren alt,
oft dem Zerfall überlassen; bewohnt wurden sie von Leuten, unter denen die meisten in Armut lebten, einige gerade fähig, einfachste Arbeit zu verrichten, andere allerdings ausgebildet, unter ihnen Mechaniker, Postangestellte mit regelmässigem Einkommen.
Es gab Häuserblocks, die teils neu überbaut waren,
teils noch aus Altbauten bestanden, in denen Strassenhändler,
Korbmacher, Busreiniger und Holzhacker wohnten.
Was die Sauberkeit dieser Leute anging, so war der Schmutz,
der sich täglich an ihnen neu ansammelte, von jenem
Dauerzustand leicht zu unterscheiden, der mit dem Geruch des
Tramps einherging, des Vagabunden und Stadtstreichers,
des verwahrlosten, erinnerungslosen Gescheiterten,
der abgestumpft, in seiner Hoffnungslosigkeit zu keiner Reaktion
mehr fähig war.
Sie alle gehörten zum Bild der Welt, das der junge Chaplin
in South London aufnahm, einem Schwamm gleich
in sich aufsog, dieser Momentaufnahme der Kindheit, die er in der
Dunkelkammer seines Unbewussten verwahrte.
Charlie Chaplin‘s First London Home Faces Demolition
LONDON – Soon Pownell Terrace, London S. E. 11,
is to be demolished to make way for a modern apartment
block. History lovers regret this because No. 3,
Pownell Terrace was Charlie Chaplin‘s first home.
Charlie Chaplin was not born in the elegant
West End of London, where he lives when he now comes
visiting his home town, but in the South East – near
the Lambeth Walk.
When Charlie became a member of a concert party
troupe he took his first earnings to Pownell. Still
living in the basement is Mrs. G. Phelps, who remembers
Charlie very well and is proud of his career. She
will show one the attic where Charlie slept.
Always when Chaplin comes to London one of his
first journeys is Pownell Terrace. Maybe, the folk around
here say, he will buy the house.
(...) St. Albans Daily Messenger, St. Albans,,
Vermont, July 5, 1939
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