Detail of a colored version of a The Face on the Barroom Floor Still
FISCHGRÜNDE 3/11
The Face on the Barroom Floor – Erst Jahre, nachdem
er produziert worden war, entdeckt ihn Deutschland.
„Der Film“ – er heisst Alkohol und Liebe –„zieht
seine Wirkung (mit) aus der Rohheit seiner Beschauer“,
schreibt Bertolt Brecht 1921. Clippings
Fritz Hirzel, Chaplins Schatten.
Bericht einer Spurensicherung. Zürich 1982
The Face on the Barroom Floor, die folgende Burleske,
einen Einakter, erzählte Chaplin, was bei Keystone eine Seltenheit
gewesen sein dürfte, in Rückblenden.
Ein Kunstmaler, der bessere Tage gesehen hat, malt
im Suff das Bildnis der Frau, die ihn verlassen hat, auf den
Boden einer Bar, in welcher er den Umstehenden
die Geschichte seiner Liebe erzählt.
Und während er mehr und mehr betrunken ist, mit
überfliessendem Mitteilungsdrang sich hineinredet in die
Erinnerung an seine Madeleine, sehen wir sie vor
uns, Cecile Arnold, wie sie in seinem Atelier Modell steht.
Aber auch Jahre später, wie er abgerissen, als
Wrack im Park sitzt und wie er Madeleine, diesen Inbegriff
von Schönheit, wieder sieht, fett geworden, eine
Kinderschar um sich herum, mit diesem Fettwanst, einem
seiner Käufer, verheiratet, der nun den Kinderwagen
schiebt, Fritz Schade übrigens.
Bertolt Brecht, 29. Oktober 1921
Chaplins Gesicht ist immer unbewegt, wie gewachst,
eine einzige mimische Zuckung zerreisst es, ganz einfach,
stark, mühevoll.
Ein bleiches Clowngesicht mit einem dicken Schnurrbart,
Künstlerlocken und Clowntricks: er beschmiert seine
Weste, er setzt sich auf die Palette, er stolpert in seinem
Schmerz, er zeichnet in einem Porträt ausgerechnet
die Hinterteillinie aus.
Aber es ist das Erschütterndste, was es gibt, es ist
eine ganz reine Kunst.
Die Kinder und die Erwachsenen lachen über den
Unglücklichen, er weiss es: dieses fortwährende Gelächter
im Zuschauerraum gehört zu dem Film, der todernst
ist und von erschreckender Sachlichkeit und Trauer. Der Film
zieht seine Wirkung (mit) aus der Rohheit seiner Beschauer.
Charles Chaplin, The Face on the Barroom Floor Clippings
Hugh Antoine D‘Arcy, The Face on the Barroom Floor, Poem 1887
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